Razzia, Untersuchungshaft, Vorwürfe von Kriminalität: Die Betreiber des Artemis-Bordells werden endlich entschädigt. Berlins Justizsenatorin Badenberg hebt die Entscheidung ihrer Vorgängerin auf.
Die Berliner Senatsverwaltung für Justiz hat in ihrem Streit mit den beiden Betreibern des Großbordells Artemis nachgegeben. Sie werden vom Land Berlin eine Entschädigung und Schadensersatz in Höhe von insgesamt 250.000 Euro für die unrechtmäßige Untersuchungshaft, die gegen sie erhobenen Anschuldigungen und die diffamierenden Aussagen der Staatsanwaltschaft erhalten. Am Dienstag einigten sich die Justizbehörde und die Betreiber vor dem Kammergericht auf einen Vergleich, der von beiden Parteien am Freitag bekannt gegeben wurde.
Gleichzeitig entschuldigt sich das Land Berlin für sein Vorgehen während der Razzia im April 2016, die von den Gerichten als rechtswidrig eingestuft wurde. Damals waren 950 Polizeibeamte und Zollbeamte an der Durchsuchung des Artemis und der Wohnungen der Betreiber beteiligt. Die Staatsanwaltschaft erweckte während einer Pressekonferenz den Eindruck, dass Artemis in organisierte Kriminalität verwickelt sei. Sie behaupteten, dass die Männer schwere Straftaten begangen hätten, darunter Gewalt im Prostitutionsmilieu. Die Staatsanwaltschaft verglich die Betreiber mit dem Mafia-Boss Al Capone. Justizsenatorin Badenberg korrigiert die Fehler ihrer Vorgängerin von der Linken
Die Justizbehörde erklärte: “Das Land Berlin bedauert die Untersuchungshaft, die die Betreiber und vier Mitarbeiter des Artemis 2016 erlitten haben, sowie die Aussagen ehemaliger Vertreter der Berliner Staatsanwaltschaft am 14. April 2016, in denen schwere Vorwürfe wegen Steuerhinterziehung und Nichtzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen erhoben wurden, obwohl die Geschäftsführer der Artemis GmbH ihren steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen stets vollständig nachgekommen waren.”
Des Weiteren erkannte die Justizbehörde an, dass gegen die Artemis-Betreiber Hakki und Kenan Simsek, wie bereits von den Gerichten festgestellt, niemals ein Verdacht bestand. Das Land entschuldigt sich für die Untersuchungshaft und die erheblichen Nachteile, die den Angeklagten damals entstanden sind.
Damit korrigiert Justizsenatorin Felor Badenberg (parteilos, CDU) den bisherigen Kurs ihrer Vorgänger und korrigiert das Handeln der früheren Senatorin Lena Kreck (Die Linke), die trotz eindeutiger rechtlicher Umstände eine Entschädigung abgelehnt hatte.
Bereits im Dezember hatte das Kammergericht entschieden, dass das Land Berlin die Artemis-Betreiber mit 100.000 Euro entschädigen sollte. Die Aussagen der Staatsanwaltschaft im Jahr 2016 waren teilweise falsch und voreingenommen. Die Anschuldigungen brachen jedoch zusammen und wurden 2018 nicht zugelassen.
Das Land Berlin steht nun vor einer weiteren Niederlage
Die ehemalige Justizsenatorin Lena Kreck (Die Linke) hätte das Urteil im vergangenen Jahr verhindern können, indem sie eine Spende von 25.000 Euro an das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen (UNICEF) geleistet hätte. Sie lehnte jedoch den Vergleich ab. Stattdessen legte sie sogar gegen das eindeutige Urteil eine Berufung beim Bundesgerichtshof ein. Die neue Justizsenatorin Badenberg hat diese Entscheidung nun widerrufen.
Gleichzeitig stand das Land Berlin vor einer möglichen weiteren Niederlage vor dem Kammergericht. Die Betreiber des Bordells verlangten eine Entschädigung für die fast viermonatige Untersuchungshaft. Während der Verhandlung am Dienstag gab die Justizbehörde schließlich nach und akzeptierte einen Vergleich. Damit enden beide Klagen. Die Artemis-Betreiber beabsichtigen, die Summe wohltätigen Zwecken zu spenden
“Sieben Jahre nach diesem beispiellosen Rechtsbruch zeigt das Land Berlin endlich Bereitschaft, sich eindeutig von den schweren Verstößen gegen die Amtspflicht zu distanzieren. Dies ist ein positives Signal, um das Vertrauen in den Rechtsstaat wiederherzustellen”, sagte die Anwältin der Artemis-Betreiber, Margarete Gräfin von Galen. Die ehemalige Justizsenatorin Kreck zeigte “erschreckende Unkenntnis gegenüber den Betroffenen und auch gegenüber dem Kammergericht”, sagte Anwalt Silvin Bruns. “Es ist sehr lobenswert, dass die neue Führung nach dem Regierungswechsel den Tatsachen ins Auge geblickt hat.”
Auslöser für ihre Klagen war der ehemalige Justizsenator Dirk Behrendt (Grüne). Es wäre nicht notwendig gewesen, wenn Behrendt “einfach für die gerichtlich festgestellten Fehler entschuldigt hätte und damit zur Heilung des erlittenen Reputationsschadens der Mandanten beigetragen hätte”, so Bruns. “Die Steuerzahler müssen nun für seine Sturheit aufkommen, da er alle relevanten Anfragen beharrlich ignoriert hat.”
Die Betreiber beabsichtigen, die Entschädigung einem guten Zweck zukommen zu lassen. Bereits nach dem Urteil im Dezember kündigten die Betreiber an, die zugesprochene Entschädigung wohltätigen Zwecken zu spenden. Mit dem neuen Vergleich werden sie zunächst die Mitarbeiter für die erlittene Untersuchungshaft entschädigen. Der verbleibende Betrag wird zu den bereits vorgesehenen 100.000 Euro für Spenden hinzugefügt.
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